Porträt Rolf Mühlethaler

Architekt mit Gespür für gewachsene Orte

Der renommierte Architekt Rolf Mühlethaler ist kein Unbekannter in Langenthal: Mit dem minimalistischen Kubus der kaufmännischen Berufsschule hat er ein urbanes Zeichen im Norden Langenthals gesetzt. Nun planen er und sein Team in unmittelbarer Nähe zu den Schulanlagen im Hard die Überbauung «Pappelhöfe» für die Wohnbaugesellschaft Langeten AG. Sein Projekt entwickelt das Gebiet zwischen Weststrasse und Hopfernstrasse klug weiter und behält dabei seinen gartenstadt-ähnlichen Charakter. Mit einem Mix aus Neubauten und Renovationen im Bestand schafft er eine wohnliche Atmosphäre im Hier und Jetzt. Dieses Gespür für gewachsene Strukturen, urbane Entwicklungen und moderne Wohn-logik zieht sich durch sein Werk. Ein Portrait in drei Bauten.

Rolf Mühlethaler wurde 1956 in Bern geboren. Nach dem Lehrabschluss als Hoch­bau­zeichner studierte er Architektur an der HTL Burgdorf. Nach der Mitarbeit bei Max Schlup in Biel und bei Frank Geiser in Bern gründete Rolf Mühlethaler 1985 ein eigenes Büro und realisierte seither zahlreiche, teils wegweisende Projekte für private und öffentliche Bauherrschaften, darunter Wohn-, Büro-, Schul-, Sport- und Infrastruktur­bauten. Es folgten vielfache Auszeichnungen sowie Wett­bewerbserfolge im In- und Ausland. Ein Kerngebiet ist die Beschäftigung mit städtebaulichen, architektonischen und infrastrukturellen Fragen sowie dem sorgfältigen Weiterbauen im Bestand. 2015/16 war er Gastprofessor für das Entwerfen und die Gebäude­planung an der Uni­versität der Künste in Berlin. Rolf Mühlethaler wirkt in mehreren Wettbewerbsjurys, Stadt­­­bau­kommissionen und Beiräten mit; er war Teil der Stadtbau­kommission Luzern (2000–2008), Präsident der Stadtbildkommission Bern (2004) und ist Gestaltungs­­beirat beim Neubau Semmering Basistunnel in Österreich (ab 2011). Neben dem Prix Lignum für die drei Langhäuser des Freilagers in Zürich erhielt er auch die Auszeichnung guter Bauten im Kanton Luzern (1999) und Kanton Zürich (2006). Mehrere Ausstellungen und Publikationen würdigen seine Arbeiten.

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Neubau Wohnüberbauung Freilager Albisrieden – Teilgebiet A

Wohnüberbauung Freilager, Freilagerstrasse/Rautistrasse, Zürich, 2016. Auftraggeber: Zürcher Freilager AG. 
Projektwettbewerb: 2010 – 1. Preis. Ausführung: 2013–2016. Anlagekosten: 160 Mio.

Das Teilgebiet A ist mit drei hohen Häusern in Beton und drei Langhäusern in Holz bebaut. Bei den 13-geschossigen Betonhäusern sind in den Erdgeschossen Dienst­leistungsflächen und in den Obergeschossen je fünf Wohnungen angeordnet. Neben den tragenden Fassaden und dem aussteifenden Kern sind alle Innenwände nicht­tragend ausgebildet, so dass auf veränderte Anforderungen reagiert werden kann. Sie bieten Raum für 145 Wohnungen mit unterschiedlichen Grundrissen. Die drei Lang­häuser sind sechsgeschossige Holzbauten mit insgesamt 187 Wohnungen. Ausgangs­lage der Wohnungsstruktur und damit der Wohnungsgrundrisse bildet das konstruktive Konzept des stattlichen Holzbaus. Als Zweispänner, links und rechts der inneren Beton­türme, stapeln sich mit immer gleichen, übereinanderliegenden vorfabrizierten Elementen die Wohnungen. Transportfähige, wirtschaftliche Holzdimensionen bestimmen die Spannweiten der Elemente und damit die Raumgrössen der Wohnungen. Umlaufende Veranden bieten private Aussenräume und dienen zugleich dem Schutz der Holzfassade. Das Freilager wurde nach den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft konzipiert und die Häuser wurden als Minergie-ECO- und Minergie-P-ECO-Bauten ausgeführt.

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Neubau KBS Kaufmännische Berufsschule Langenthal

KBS, Weststrasse 26, Langenthal, 2007. Bauherr: Amt für Grundstücke und Gebäude (AGG), Bern. Projektwettbewerb: 2004 – 1. Preis. Ausführung: 2006–2007. Anlagekosten: 15,7 Mio.

Auf minimaler Grundfläche ergänzt ein neues Volumen die spröde und unausgewogene Zweierbeziehung der beiden markanten Hauptgebäude diesseits und jenseits der Weststrasse. Über die raumbildende städtebauliche Konstellation und Konzeption wird strassen- und nutzungsübergreifend die gewünschte innere und äussere Synergie innerhalb der Schulanlage Hard erreicht. Die charakteristische, campusartige Gesamt­anlage wird in der Logik der Einzelbauten vervollständigt, so dass die typischen Zwischenräume, Quer- und Diagonalblicke stärker wahrnehmbar, dramatischer wirken. Die Erweiterung liest sich zusammen mit den niedrigeren Pavillonbauten und ergänzt auf seine Weise die Gesamtanlage. Durch die direkte Zugänglichkeit von den Klassen zu den beiden Treppenhäusern ist die freie Gestaltung der Cluster für Ausstellungen, Möblierungen, Aufenthalt, Gruppenarbeiten und dergleichen auf jedem Stockwerk sichergestellt. Der Neubau ist mit dem Minergie-Standard erstellt.

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HKB Hochschule der Künste – Sanierung und Umbau der ehemaligen Tuchfabrik Schild AG

HKB, Fellerstrasse 11, Bern, 2008. Bauherr: Amt für Grundstücke und Gebäude (AGG). Projektwettbewerb: 2003. Ausführung: 2005–2008. Gebäude-/Anlagekosten: 33 Mio.

Die Etagentrilogie mit ihren pro Stockwerk charakteristischen, völlig unterschiedlichen Struktur- und Raumgliederungen sowie Lichtstimmungen stellt nebst der äusseren die innere Identität und Logik der Etagenfabrik dar. In respektvollem Dialog zwischen Alt und Neu sowie unvoreiligem, kritischen Weiterführen der Tugenden der gross-zügigen Anlage wird eine unverwechselbare Authentizität angestrebt. Der Geist der Industriebaute lebt weiter. Jede Etage wird in ihrer ureigenen Identität und Stimmung gestärkt. Die vorgeschlagene Sekundärstruktur leistet den unaufdringlichen, auf höchste Gebrauchstauglichkeit ausgerichteten Rahmen für die Kunstvermittlung und -entwicklung. Die Überlagerungen der horizontalen und vertikalen Raumschichtungen und Raumfolgen mit den konsequent offen geführten Installationen nach dem Prinzip der Systemtrennung generieren den Grundsatz des Experimentellen, des Prozess-haften. Räume werden durch Räume erschlossen (Enfiladen), was raumübergreifende Nutzungsüberlagerungen erlaubt. Die Addition von Raumstruktur und technischer Infrastruktur folgt dem rhythmischen Gesetz der Primärstrukturen, schafft Klarheit, innere Logik, Ordnung und Ruhe und erzeugt dadurch grösstmögliche Freiheit für die sich stets wandelnde flexible Nutzung.